Carl Leonhardt
Heike Scholhölter, Dezember 2023
Familiengeschichte
Carl Leonhardt, OFB <3663>, wurde am 11.10.1875 in Maikammer geboren, er wurde 77 Jahre alt und starb am 06.03.1953 ebenfalls in Maikammer. Von Beruf war er Buchbinder.
Seine Eltern waren der in Frankenstein geborene Schreinermeister Martin Leonhardt *1845 <3660>, und Barbara Josephine Wilhelmi, die aus Gleisweiler stammte. Die beiden heirateten 1874 in Maikammer. Die Familie wohnte 1878 in der Marktstr.16 (OFB). Carl war 7 Jahre alt, als sein Vater starb, sein jüngster Bruder Wilhelm aber war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht geboren (das 5. Kind d. Ehepaares).
Mutter Barbara Leonhardt geb. Wilhelmi, gerade im 5. Monat schwanger mit ihrem 5. Kind, traf mit 28 Jahren das schwere Schicksal Witwe zu werden. Zu allem Elend war sie zu dem Zeitpunkt schon in Trauer, hatte sie doch wenige Monate zuvor gerade ihr 4. Kind, den 7 Monate alten Otto zu Grabe getragen! Sie musste nun drei Kinder: 7 (Carl), 4 (Katharina) und 1,5 (Luisa) Jahre alt, und bald nach der Geburt 4 Kinder alleine versorgen! Aber auch Wilhelm, ihr 5. Kind starb 3 Jahre später 1886 im Alter von 3 Jahren! Wie die Mutter all das verkraftete und es trotzdem geschafft hatte ihre Kinder irgendwie „durchzubringen“ ist nicht genau bekannt.
Ihre Urenkelin Helga Fell sagte 2023 im Interview zusammenfassend: „sie hatte kein gutes Leben!“. Es blieben Barbara nunmehr ihre drei Kinder: der Sohn Carl (Buchbinder u. Geschäftsinhaber) und die Töchter Katharina “Käthe“ (starb ledig 1930 in Maikammer) und Luise (starb 1961 in Bonn).
Im Adressbuch Neustadt 1891 ist auf Seite 156 folgender Eintrag zu lesen: „Leonhardt Martin Wwe. Landkrämerin, Niedergasse 81.“ (heute Marktstraße). Barbara Leonhardt geb. Wilhelmi wurde trotz alledem 88 Jahre alt und lebte bis zu ihrem Tod bei ihrem Sohn Carl in der Weinstraße Nord 11. Im Familienbesitz gibt es ein Foto von ihr im Haus des Sohnes aufgenommen.
Ein Jahr vor der Hochzeit von Martin und Barbara Leonhardt, verheiratete sich 1873 Martins jüngerer Bruder Wilhelm Leonhardt *1843 <3659>, der ebenfalls Schreinermeister war, in Maikammer mit Luise Grass<2065> die aus Maikammer stammte. Vielleicht war das der Grund, dass auch Martin und Barbara Leonhardt in Maikammer heirateten und auch hier wohnten, obwohl beide nicht aus Maikammer stammten!
Man könnte vermuten und vor allem hoffen, dass Wilhelm Leonhardt nach dem frühen Tod seines Bruders Martin, seine Schwägerin Barbara mit ihren Kindern unterstützt hat! Auch zu Wilhelm gibt es einen Eintrag im Adressbuch 1891 Neustadt: „Leonhardt Wilhelm, Schreiner, Heerg.37.“ (ab dem Jahr 1878 Weinstraße Süd 24 – es ist dies das Geburtshaus von General Jakob Michael Carl Hartmann ).
Carl Leonhardt <3663> heiratete mit 29 Jahren am 21.02.1905 in Hambach die 23 jährige Anna Maria Hörner *1881 +1956 Maik., sie stammte aus dem Weingut/Gasthaus Bernhard Hörner, (2023: Seiberth Wein GmbH, Weinstraße 128, 67434 Neustadt).
Noch im selben Jahr der Hochzeit, im September wurde Sohn Curt geboren. Dann folgten die Töchter Gertrud *1911, Anna Elisabeth „Anneliese“/„Liesel“ *1914 und schließlich das Nesthäkchen Hedwig „Hedi“ 1925, da war ihre Mutter Anna Maria schon 43 der Vater 49, Bruder Curt 19 und die Schwestern Gertrud und Liesel 14 und10 Jahre alt!
Carl Leonhardt’s Enkelin Helga Fell geb. Warth (*1941, Tochter von Liesel Leonhardt) erinnert sich 2023 im Interview mit Heike Scholhölter vom Club Sellemols:
„Mein Großvater Carl Leonhardt hatte seinen ersten Laden auf der Rückseite des Hauses welches an dem Platz stand, wo heute Geschenke Ullrich steht. Es gingen 3 Stufen hoch. Dahinter war sein kleiner Laden.“ (Auf dem Foto schaut man frontal auf das Haus. Es ist abgerissen, heute ist dort der Parkplatz vor dem Geschenkhaus Ullrich.)
„Oberhalb des alten Rathauses in der heutigen Weinstraße Nord war ein Haus mit einem kleinen Geschäft drin, dorthin ist er mit seiner Buchbinderei als nächstes umgezogen. Es gab ein Zimmer, worin er gerade mal ein Bett und das nötigste stehen hatte, sowie sein Lager.“
Im Jahre 1905 heiratete Carl Leonhardt Anna Maria Hörner. Die Eheleute sind in die Weinstraße Nord 11 gezogen (früher: Herrengasse) (Neustadt Adressbuch von 1908, Seite 408: Leonhardt K., Herrengasse 500 genannt.).
„Dieses Haus in Maikammer änderte mehrfach die Anschrift: Heerstraße 12, dann Weinstraße 67 und dann Weinstraße Nord 11. Es war ein ehemaliges Winzeranwesen mit Innenhof, in meinen Unterlagen gibt es noch Urkunden zum Haus bis in die Zeit Napoleons zurück. Ein Ur-Ahne Leonhardt kam namens „Lehner“ als Schreiner von Neu-Ulm nach Frankenstein, dort hat er den Namen in Leonhardt umtaufen lassen. Die Urkunde, wo das geschrieben wurde, habe ich gefunden. Verwandtschaft besteht auch mit Bischof Ludwig Sebastian von Speyer. Der „gute Ludwig“ der überall Kirchen gebaut hat!“
Als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, musste auch Carl Leonhardt zu den Soldaten. Das dritte Kind Elisabeth „Liesel“ war gerade Anfang Dezember 1914 geboren. Hier auf dem Foto vom Juni 1915 auf der Wache 36 in Landau ist Carl Leonhardt zu sehen, er steht in der 1. Reihe und ist der zweite von rechts. Weitere Fotos gibt es, die ihn während des Krieges in Belgien zeigen. Glücklicherweise überlebte er die Kriegszeit und kehrte zur Familie nach Maikammer zurück.
Vor und nach dem Krieg war Carl Leonhardt mit seiner Familie im Pfälzerwald-Verein Maikammer-Alsterweiler unterwegs. Es gibt einige Gruppenfotos auf denen er und Familienmitglieder auf Ausflügen entweder im heimischen Wald bei Maikammer oder auch von weiter entfernten Zielen wie z.B. dem Trifels zu sehen sind. Die Familie machte auch eigene Sonntagsausflüge zu beliebten Zielen, wie zur nahen Wolselquelle, zur Königsmühle oder auf die Kalmit: auf dem Foto ist Sohn Curt Leonhardt zu sehen ganz rechts stehend vor dem König Maximillian Denkmal und dem alten Kalmitturm, der 1928 zusammengestürzt ist.
Es ging auch schon mal über den Totenkopf bis nach Breitenstein hinunter. Einige Eindrücke aus den Fotoalben von Elisabeth „Liesel“ Goede (geb. Leonhardt, verw. Warth):
Helga Fell, Liesels Tochter, erzählt weiter: „Ich weiß von meiner Mutter: In Breitenstein, da haben die Kinder im Speyerbach schwimmen gelernt. Sie sind Sonntags von Maikammer über den Totenkopf bis runter nach Breitenstein gelaufen. Der Laden war aber sonntagmorgens immer geöffnet, denn die Männer sind nicht IN die Kirche marschiert, sondern standen VOR der Kirche und haben eine Zigarre geplotzt. Die Zigarren haben sie sich einzeln bei uns geholt. Carl, seine Frau und Hedwig sind voraus nach Breitenstein gelaufen, meine Mutter Liesel hat den Laden aufgemacht (sie war damals ein junges Mädel, ca 15/16 Jahre alt) und hat den Herrschaften ihre Zigarre verkauft. Die standen vor der Kirche und haben geraucht, und wenn es „Wandlung geläutet hat“, hat Liesel den Laden zuschließen können. Dann hat sie „die Beine in die Hand genommen“ und ist ihrer Familie hinterher gerannt, an den Bach nach Breitenstein.“
Im Jahr 1929 erwarb Carl Leonhardt auf dem terassenartig angelegten Wetterkreuzberg ein Grundstück. Die Familie nannte es liebevoll „den Berg“. Tochter Liesel betitelte diesen oft so in ihren schön beschrifteten Fotoalben. Es gab auf „dem Berg“ eine kleine offene Holzhütte als Unterstand. Liesel schreibt unter ein Foto vom September 1929 (die ganze Familie ist auf dem Berg und steht bei der Hütte): „Hier wird geplant und auch beraten, wie man am schönsten, wohl alles gestaltet!“ Es gibt viele Fotos der Familie auch von Besuchen mit Verwandten oder Liesel mit Freundinnen und Cousinen. Auch später, Ende 1940, Anfang 1950 kamen die erwachsenen Töchter Gertrud und Liesel mit ihren Eltern Carl und Anna Maria sowie ihren Enkeln noch hier hoch.
Foto links: Carl Leonhardt auf dem Grundstück auf seinem „Berg“ am Wetterkreuzberg, 30.03.1930. Beschriftung im Fotoalbum der Tochter Liesel: „Vater besichtigt den neuerstandenen Berg!“.
Carl Leonhardt gehörte auch ein Schrebergarten in der Gartenstraße, Helga Fell: „In der Nähe der „Platze Mühl“ gab es Gärten, ein Stück unten dran, dort hatten wir einen Garten.“ Auf dem Grundstück stand ebenfalls ein kleines offenes Gartenhäuschen.
Carl Leonhardt starb im Jahre 1953, im Alter von 77 Jahren. Seine Frau Anna folgte ihm im Jahre 1956 mit 75 Jahren.
Curt Leonhardt wanderte 1937 nach Amerika aus. Er sah danach seine Eltern leider nie wieder lebend, aber mittels Briefen und Postkarten wurde der Kontakt natürlich gehalten.
Im Jahre 1962 kam Curt einmal zu Besuch nach Deutschland. Da kamen die 4 Geschwister zum letzten Mal wieder vereint im Elternhaus in der Weinstraße Nord 11 zusammen .
„Die 4 Kinder Leonhardt“:
Curt Leonhardt (1905-1997) in der Mitte.
Gertrud Messerschmidt (1911-2009) ganz rechts.
Anna Elisabeth „Liesel“ Goede (1914 -2009) 2.v.r.
Hedwig Schwarz (1925-2016) ganz links.
Fotos: Club Sellemols (z. Verfügung gestellt von Helga Fell, Enkelin von Carl Leonhardt).