OBLEGIUM
„Ein sprechender Stein“.
Grenzsteine mit der Inschrift OBLEGIUM sind selten geworden. In Alsterweiler ist ein derartiger Stein in einer Weinstube vermauert. Es ergeht den Oblegiensteinen ähnlich wie den Glockensteinen. Sie verschwinden aus dem Bewußtsein und der Erinnerung.
Die Buchstabenfolge OBLEG auf Sandsteinen (Grenzsteinen) steht für den Begriff OBLEGIUM, in der Mehrzahl OBLEGIEN. Mit den Grenzsteinen wurden Güter einer Herrschaft, z.B. des Hochstifts Speyer, des jeweiligen Bischofs oder auch einer Adelsfamilie gekennzeichnet. Diese Oblegien-Güter wurden an verdiente Persönlichkeiten auf Zeit verliehen. Die Oblegien-Grundstücke durften zur Eigenversorgung genutzt werden (möglicherweise konnten sie auch weiter verpachtet werden). Nach der Nutzung fielen die Güter (Grundstücke) wieder an den jeweiligen Vergebenden (Eigentümer) zurück.
Das Wort Oblegium ist in keinem allgemein aktuell verfügbaren Wörterbuch zu finden. Allerdings nennen LEXER und die G. GRIMM die Oblei. „oblei, stfn.“, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch von Matthias Lexer, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer?lemid=O00102>, abgerufen am 01.05.2023.
Teil eines Grenzsteins mit dem Eintrag „OBLEGI[UM]… in Alsterweiler.“
Im einem alten bayerischen Wörterbuch (Ausgabe 1872) wird der Begriff erwähnt. Dort heißt es etwas ausführlicher: „Die Oblei, mhd obleie (aus mittelalt. oblagium, oblegium…, Opfer an Geld oder Victualien an eine Kirche, Kloster… Grundzins… Der Obleyherr, das ist, derjenige Domherr, der die Reten des Dörfchens zieht“ (Ob Üb Ueb, Seite 18) / bavarikon.de/object/bav:BSB-MDZ-OOOOOBSB10982797, abgerufen am 01.05.2023).
In einem Beitrag geht Hildenbrand (1917) auf das Oblegium ein. Er nennt „Marksteine mit der Aufschrift OBLEGIUM, die vom übrigen Besitz abgegrenzt waren“. Genau die Funktion, die auch unser Stein in Alsterweiler innehatte.
Weiter leitet Hildenbrand aus dem lateinischen ab und erläutert: „Gaben oder Geschenke der verschiedensten Art an die Kirche. In weltgeistlichen Stiften, hier im Speyerer Hochstift, waren die Obleien stiftungsmäßige Ergänzungen der einzelnen Präbenden oder Pfründen, welche von Kirchen, Gemeinden und Privaten geleistet wurden…es mit einem Grundstück zu tun, das von dem Besitz des Hochstiftes getrennt und einem älteren Kleriker oder einem Kanoniker als Pfründe zur Nutznießung auf Lebzeiten verliehen und durch Marksteine mit der Aufschrift Oblegium vom übrigen hochstiftlichen Besitze abgegrenzt war.“
Interessant ist die Bekanntmachung in der „Neuen Speyerer Zeitung 1824: „Veräußerung des Dom=Oblegien-Gutes“ in Berghausen – allerdings ohne weitere Erklärungen. Also gab es derartige OBLEG und damit wohl auch die Grenzsteine in zahlreichen Orten, wie ja auch ein anderer Stein aus Ruppertsberg belegt.
Die Steine in den verschiedenen Orten, wie Ruppertsberg und Alsterweiler haben nicht direkt etwas miteinander zu tun. Sie besitzen lediglich einen sachlichen Zusammenhang. In beiden Gemarkungen waren wohl derartige Grundstücke zur Nutzung durch fremde Herrschaften abgegrenzt und vergeben worden. Sehr wahrscheinlich waren es Grundstücke des Hochstifts Speyer. Die Jahreszahl auf dem Stein in Alsterweiler bezieht sich auf das 18. Jahrhundert, also 17… . Jedenfalls deutlich vor dem Zeitraum der Säkularisation. Wahrscheinlich ist der Begriff dann auch im Zuge der Auflösung der Kirchengüter verloren gegangen.
Es gab verschiedentlich wohl auch Obligarienämter. Sie hatten viele Grundstücke zu verwalten, deren Amtsmänner sich Oblegarius nannten.
In seinem Beitrag „Grenzstein von der Schmalstraße“ leitet Christian Mehlis OBLEG von einem Vor- und Nachnamen ab. Demnach wäre O=Ottheinrich, Oswald oder ähnliches und BLEG der überkommene Namen Bleh, der in Esthal und Elmstein vorkommt. Nach den Ausführungen von oben ist das falsch.
Quellen:
Hildenbrand, J. (1917): Allerlei Mitteilungen I. Pfälzisches Museum 1917, S. 78-79.
Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Wörterbuch (ONLINE-Ausgabe).
Schneller, Johann Andreas: Bayerisches Wörterbuch: Online-Ausgabe / siehe dazu: https://bavarikon.de/ object/bav:BSB-MDZ-00000BSB10982797.
Neue Speyerer Zeitung 1824: Veräußerung des Dom=Oblegien-Gutes“ Bekanntmachungen vom 16. August 1824.
Matthias C.S. Dreyer