Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler)

(Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler) gegründet 2014

Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler)

Hauptstraße 30, Gasthaus Maxburg

Heike Scholhölter, Februar 2024

Postkarte vom Gasthaus zur Maxburg, Besitzer Jean Baumann, Weinkommissionär.
Hinter den 2 großen Fenstern mit Rundbogen lag der große Tanzsaal.
Die Gaststätte befand sich hinter den 4 Fenstern der Hausfront im Erdgeschoß.
Es gab sogar schon Telefon, das Gasthaus steht im Adressbuch Neustadt von 1908, dort steht der Hinweis: „Gegründ. 1864“.
Der Vater von Jean (Johannes) Baumann war Bernhard Baumann *1839, dieser heiratete 1863 Elisabetha Stöckel.
Der erste Sohn der beiden wurde allerdings schon 1861 geboren. Das 6. Kind Jean/Johannes kam 10 Jahre später 1871 in Alsterweiler zur Welt.
Jean war Küfer und heiratete mit 28 Jahren im September 1900 Franziska Platz, sie war 21 Jahre alt.
Zu dem Zeitpunkt war Jeans Vater Bernhard schon 9 Jahre verstorben.
Vermutlich hat er schon mit 20 Jahren die Gastwirtschaft seines Vaters nach dessen Tod weitergeführt.
Seine Mutter erlebte noch die Geburt aller 4 Kinder von Jean und Franziska, bevor sie 1909 ebenfalls verstarb.
Postkarte aus Alsterweiler. Das Anwesen auf der rechten Seite mit dem Wirtshausschild ist das Gasthaus zur Maxburg.
Postkarte „Gruß aus Alsterweiler“, vor 1928.
Links oben: Gasthaus zum Rössel. Mitte: Hartmannstraße. Rechts oben das Gasthaus zur Maxburg.
Mitte links: Schulhaus in Alsterweiler und Mitte rechts: „Alsterweiler Schloss“ die Kredenburg.
Die Karte zeigt links unten noch den Kalmitturm, der 1928 zusammengestürzt ist.
Festumzug beim Gauturnfest 15. August 1901 vor dem alten Rathaus in Maikammer. Fahnenträger Jean Baumann führt die Maikammerer Turner an.
Gasthaus Maxburg. Jean Baumann. Inh. Franz Kühn. Ca. 1924.

Bericht über das V. Gauturnfest des Speier Gaues am 15. August 1901 zu Maikammer.
Wohlvorbereitet konnten wir dem Tag des Festes entgegensehen. Bereits am Samstag Nachmittag sah man schon frische, fromme, frohe und freie Gestalten unsern sich ins Festgewand werfenden Ort besichtigen oder auch um Ihre Quartiere aufzusuchen.
Um 4 Uhr tagte auch schon beim „„Bayr. Jäger* (Burkhard) der Berechnungsausschuß, um von unserm Gauturnwart Herrn Lang die letzten Instrucktionen entgegen zu nehmen.
Um ½9 Uhr versammelten sich die Kampfrichter zu einer Sitzung um auf Ihre Pflichten aufmerksam gemacht zu werden die Ihrer Herren beim friedlichen Wettkampf, dann kam um 9 Uhr das F e s t – B a n k e t t im Saale der Maxburg (Baumann), welches unter Mitwirkung des Gesangvereins Liederkranz und der Sängerabteilung des Turnvereins Pirmasens einen schönen Verlauf nahm. Eröffnet wurde das Selbe durch den I. Vorstand Herrn Aug. Ziegler welcher die fremden Turner herzl. willkommen hieß, um dann in kurzen Worten die Geschichte unsers Vereins von seiner Gründung bis heute darzulegen, und nun reihte sich Mußik, Gesang und Reden aneinander und nur zu schnell schwanden die fröhlichen Stunden und mancher schied mit schwerem Herzen damit auch die Ruhe in ihr Recht käme, denn morgen heißt es ringen um den Lorbeer im friedlichem Kampf.
Und als am Morgen der Weckruf erscholl. da sah man sie schon wieder, die frischen Gestalten, nach dem Festplatze eilen zur ernsten Arbeit und hier entwickelte sich auch bald ein Leben und Treiben, daß man seine Freude daran haben mußte. Und siehe „des lebensungetrübte Freude ward keinem irdischen zuteil“ auch hier sollten sich diese Worte bewahrheiten, daß Einzelwetturnen war längst vorüber und das Vereinswetturnen in vollem Gange als ein Turner vom Turn-Verein Gimmeldingen geb. Pirmasenser (H. Klesmann) bei einer Kürübung am Reck zu Fall kam und sich derart am Rückrat verletzte, daß derselbe obwohl ärztliche Hilfe sofort zur Stelle war nach 9 Tagen im Spital Hetzelstift zu Neustadt verschied.
(*bayr, Jäger = Gaststätte)
Um 12 Uhr trat Ruhe ein, um des Leibes Bedürfniß auch zu befriedigen. Doch nach 1 Uhr kam wieder Leben in unsern festgeschmückten Ort. Von allen Ecken und Enden strömten die Jünger Jahn’s dem Sammelplatze des Festzuges (Obere Hartımannstr.) zu, welcher sich gegen 2 Uhr in Bewegung setzte und einen schönen Anblick bot. Voran eine Abteilung Feuerwehr, dann eine Abteilung Musik, dann unsere alte 48er Fahne getragen von 3 weißbärtigen alten Turnern, Es waren dies die Herren Baltasar Gerlach. Johannes Wilhelm L. und Adam Straub. Jetzt kam der Festausschuß und das Kampfgericht und dann sämtliche Vereine unsres Gaues in alphapetischer Ordnung und zuletzt unsere Maikammer Turner stramm in Reih und Glied
So gings durch die verschiedenen Ortsstrassen zum Festplatz allwo das Fest erst seine Weihe erhalten sollte durch die Großartigkeit der von sämtlichen Turner ungefähr 700 ausgeführten Allgemeinen Stab=Übungen, welche von allen Turnern stramm und exackt ausgeführt wurden. Nach deren Been-digung konnten sich die Turner so recht dem Vergnügen hingeben, denn die Arbeit war nun beendigt und daß sie davon Gebrauch machten, das konnte man sehen.
Um 6 Uhr konnte die Preisverteilung stattfinden. Herr Gauturnwart Lang gedachte dabei des schönen Verlaufes des Festes, ermahnte zur eifrigen Arbeit für die herrliche Sache des deutschen Turnens und brachte dem Letzteren ein begeistert aufgenommenes „Gut Heil“ .
Der schlechten Witterung wegen konnte das geplante Feuerwerk nicht abgebrannt werden dennoch herrschte in den Hallen reges Leben bis in die tiefe Nacht hinein. Die Abendzüge entführten zwar viele der Festteilnehmer, doch war es noch eine stattliche Schar (200) welche sich am nächsten Morgen versammelte um den Ausflug nach der Kropsburg und Sieges-denkmal mitzumachen, der in allen Teilen als wohlgelungen bezeichnet werden muß. Des Nachmittags fand bei Herrn Aug. Ziegler eine Äquador Bierprobe und bei Herrn Otto Ziegler eine Weinprobe statt, welche in sehr animierter Stimmung verliefen. Auf dem Festplatze herrschte bei etwas besserer Witterung als am vorigen Tage unter Musik, Tanz und Volksbelustigungen reges Leben und Treiben, welches angezogen durch das abzubrennende Feuerwerk am Abend noch stärker wurde, und erst spät in der Nacht die Uhr zeigte schon gegen Morgen konnten sich die letzten entschließen dem Vergnügen Valet zu sagen und den heimatlichen Penaten* zuzusteuern. (Penaten = häuslicher Herd).
Und so wird das V. Gaufest des Speier-Gaues wohl in gutem Andenken bleiben und würdig an der Seite seiner Vorgänger stehen, und wie wir hoffen auch den Zweck erfüllt haben, unsere Bestrebungen zu fördern und neue Freunde der edlen Turnsache zu erwerben.
Gut Heil!
Maik. 20/8.01. Der Turnrath
I. Vorsitzender: August Ziegler; I. Turnwart: Jean Baumann; II. Turnwart: Julius Bibus; Kassier: Theo UIlrich; Zeugwart: Jean Schenck; Beisitzer: Otto Ziegler, Konr. Schädler; Schriftwart: Chr. Wagner;
Anmerkung zur Preisverteilung: Von den 30 Riegen welche, zum Vereinswetturnen angetreten waren, erhielt die Riege unsers Vereins einen Preis I.Klasse in der I. Abtlg. Ein Zeichen, daß auch unsere Turner ihr möglichstes geleistet haben. Den I. Preis im Einzelwetturnen erhielt Heinrich Linnecker vom Turnvereine Pirmasens und mit demselben den von der Gemeindevewaltung in hochherziger Weise gestifteten silbernen Pokal. Ch.W.
“ (Aus dem „Tagebuch des Turnvereins zu Maikammer – Alsterweiler“, Seite 184-186.)

1912 veranstaltet der Turn-Verein Maikammer im Gasthaus zur Maxburg einen Turnerball. Es wird ein Holländer Reigen aufgeführt.
Die Gruppe posiert für den Fotografen im Hof des Gasthauses unter den Fenstern des Tanzsaals. In der Mitte vorne: Jean Baumann ?

Mitgliederversammlung 26.11.1911 bei Aug. Buchenberger zum Schaf: „…er erteilt dem II. Vorsitzenden Jean Baumann das Wort. Er erinnerte, daß alljährlich im Monat Januar ein Ball abgehalten wird und auch unseren passiven Mitgliedern durch turnerische Vorführungen einen genussreichen Abend zu bieten. Es wird hierüber zur Abstimmung geschritten und einstimmig beschlossen, am 27. Januar einen Ball abzuhalten. Hierauf wurde zur Wahl der Musik geschritten. In Betracht kam die Kapelle Hans u. Kapelle Schwab. Das Resultat war folgendes: Kapelle Hans 31 Stimmen, Kapelle Schwab 15 Stimmen. Hiermit gewählt: Kapelle Hans. …“

Mitgliederversammlung 3.3.1912 bei Phil Burckhardt „z. Rebstock„: …Ganz besondere Anerkennung fand beim Jahresball die Aufführung eines Fahnenreigens durch die Zöglinge, sowie der holländische Holzschuhtanz durch die Aktiven und 16 Turnschwestern, denen für ihre liebenswürdige Mitwirkung nochmals dankend bedacht wurde. …“ (Aus dem „Tagebuch des Turnvereins zu Maikammer – Alsterweiler“, Seite 271 u. 278.)

1922, TV Maikammer Zum 75 jährigen Bestehen. Jean Baumann sitzt in der vorderen Reihe, 5. von links.

Am 12. Februar 1927 veranstaltete der „Fußballclub 1920 Maikammer“ in sämtlichen Räumen des neurenovierten Gasthauses „zur Maxburg“ einen groß arrangierten Maskenball unter Mitwirkung einer Mannheimer Jazz-Band-Kapelle. Es wurden „große Überraschungen“ angekündigt und es war in diesem Jahr der einzige Maskenball in Maikammer. Karten waren beim Friseur Josef Martin erhältlich.

Gastwirt Jean Baumann und seine Frau Franziska (ganz vorne links) beim Fasching im Kegelclub 1929.
Wieder Jean Baumann und seine Frau Franziska beim Fasching, diesmal 1937.
Aus: „Maikammer – Alsterweiler – Vergangenheit in Bildern“ Kuno Bachtler, Dr. Andreas Imhoff, Dr. Thea Rieder Geiger-Verlag, 2004.
In den 1950er Jahren. Aufnahme aus dem Tanzsaal im Gasthaus Maxburg.
In der Mitte tanzen Franziska und Gustav Weiß (*1935). Es war ein Ball des Pfälzerwald-Vereins.
Wem gehören wohl die fröhlichen Gesichter im Vordergrund?!

Das 4. Kind von Jean und Franziska Baumann war Klara (*1908). Sie heiratete im Jahre 1935 Wilhelm Zöller (*1906) aus Kirrweiler. Das Paar hatte 2 Kinder, Manfred (*1938) und Doris Zöller.

Im Jahr 1949 starb Franziska Baumann mit 71 Jahren, 1951 ihr Mann Jean Baumann mit 79 Jahren.

Die Familie Klara und Wilhelm Zöller betrieben ihr Weingut und die Gastwirtschaft weiter bis Anfang der 1960er Jahre.

Willi Zöller und Sohn Manfred Zöller Ende 1940/Anfang 1950 im Hof der Hauptstraße 30 bei der Verarbeitung der Maische. Im Foto unten, die beiden bei der Weinlese in ihrem Weinberg oberhalb der Berggasse und Manfred Zöller als Junge und stolzer Reiter im Hof des Anwesens.

Die Hauptstraße in Alsterweiler in den 1960er Jahren. Die Gasthauszeit in der Nr. 30, auf der linken Seite mit neuem „Weinkästchen“ neben dem Hoftor, gehört der Vergangenheit an.
31.1.1974, Willi Zöller (stehend Mitte) wird für 50 Jahre Vereinsmitgliedschaft beim Turnverein geehrt.

Blick in den Hof der Hauptstraße 30, 1972 (links) und 1982 (rechts).

Jahrgangstreffen der 1938er im Hof der Hauptstraße 30 am „Brunnenfest“ 1988. In der Mitte sitzt Manfred Zöller.

1962 heiratete Sohn Manfred Zöller seine Frau Maria Blumenstiel, da war die Gaststätte aber schon geschlossen. Fr. Zöller erzählt 2024 im Interview mit dem Club Sellemols, dass ihr Mann auf keinen Fall eine Gaststätte betreiben wollte. Er war aber leidenschaftlicher Jäger und hat in seinem Lebe viel Wild erlegt! Er half mit beim Bau der Mariä-Schutz-Kapelle auf dem Wetterkreuzberg, war Mitglied im Männergesangsverein und Pfälzerwald-Verein. Leider viel zu früh verstarb er 1990.

Die Haupstraße 30 in Alsterweiler im Nov. 2023:

Neue Glasscheiben zieren die alten Fenster hinter denen sich noch der große Saal befindet.
Darüber die Traufkante mit Verzierungen und ein Giebelaufsatz mit zwei historisierenden Voluten an der Seite.
Türen und Fenster im Hof des Anwesens auf der Ostseite. Dahinter waren früher Büro- und Arbeitsräume.

Im Hof auf der Westseite des Anwesensein alter, zugemauerter Rundbogen mit Inschrift auf dem Schlussstein „1725 HP ST“. Die Inschrift verweist auf den Erbauer des Anwesens „JoHann Phillip STachel“. Es dürfte sich um den alten Torbogen zur Hofeinfahrt handeln. In der Mitte ist das Hauszeichen für einen Küfer aufgebracht, Bandhaken oder Reifzieher mit Schlegel. Zudem ist oben die Jahreszahl 1725 zu erkennen. Auf der Ostseite im Hof der Aufgang mit alter Steintreppe zum Nebenraum des großen Saales.

Wer noch Erinnerungen an die Gasthauszeit hat und sie teilen möchte, kann gerne einen Kommentar verfassen, dem Club Sellemols per Email schreiben oder sich telefonisch mit uns in Verbindung setzen! Sollten weitere Fotos zum Gasthaus im Verborgenen schlummern, freuen wir uns, wenn sie uns zum Digitalisieren zur Verfügung gestellt werden!

Quellen (Texte, Fotos):
Fotos: M. Zöller; Club Sellemols; https://www.dilibri.de/; Peter Druck Archiv Edenkoben; Heike Scholhölter; „Maikammer – Alsterweiler – Vergangenheit in Bildern“ Kuno Bachtler, Dr. Andreas Imhoff, Dr. Thea Rieder Geiger-Verlag, 2004. „Tagebuch des Turnvereins zu Maikammer – Alsterweiler“/Abschrift durch Peter Kuhn. Zeitung: „Die Reinpfalz“.

Schäfer || Günter, Martina Stöckl (2015). Ortsfamilienbuch Maikammer-Alsterweiler Band 1 und Band 2, Baumann <273> u. <288>; Zöller <7393>.